Bespannung eines Tennisrackets
Publiziert: Mittwoch, 30.09.2020
Profibespanner Chrigi Kohler
Wir wollen von einem Profibespanner wissen, wie wichtig die Bespannung für einen Tennisspieler ist. Das Interview führte STS Racketsport Abteilungsleiter Thomas Scheu.
Hallo Chrigi, stell dich doch unseren Leserinnen und Lesern kurz vor.
Ich bin Chrigi Kohler, komme aus Rüti und arbeite aktuell für Babolat Schweiz.
Wie bist du zum Tennis gekommen?
Ursprünglich bin ich Fussballer. Nach meiner Lehre als Detailhandelsfachmann arbeitete ich im Sport Trend Shop. Dort kam ich zum ersten Mal richtig in Kontakt mit dem Tennis und lernte, wie man ein Racket korrekt bespannt. Das hat mich von Anfang an fasziniert. Meine ersten Turniererfahrungen sammelte ich 2009 am Challenger-Turnier in Lugano. Ab 2011 durfte ich an den Swiss Indoors und seit 2014 auch in Roland-Garros bespannen.
Welchen Profispielern hast du schon das Racket bespannt?
Die bekanntesten sind Stan Wawrinka, Rafa Nadal und Kei Nishikori.
Wie läuft das an einem grossen Turnier wie Roland-Garros ab?
In Paris gibt es ein Team von 17 Bespannern, welche zum Beispiel im Jahr 2018 während einer Woche über 5000 Rackets bespannten. Bei mir waren es in der ersten Woche 230 Rackets. Da ist man den ganzen Tag voll fokussiert und am Abend richtig müde! Oft bringen die Betreuer die Rackets zum Bespannen, manchmal auch die Spieler selbst.
Worauf achten die Profis beim Bespannen?
Die Arbeit muss sehr genau und die Bespannung immer gleich sein. Deshalb bespanne ich an einem Turnier die Rackets eines Spielers immer an der gleichen Maschine. Dann sind die Spieleransprüche sehr unterschiedlich. Rafa zum Beispiel ist sehr unkompliziert und bespannt praktisch immer mit 25 kg. Kei Nishikori hingegen ist äusserst anspruchsvoll. Praktisch bei jedem Match will er eine andere Bespannung. Er spielt mit Härten von 19 bis 23 kg. Oft muss diese sogar während des Matches angepasst werden. Da kann schon Stress aufkommen! Das Racket muss ja so schnell wie möglich und natürlich fehlerfrei wieder bereit sein.
Hast du ein paar Tipps aus deinem Erfahrungsschatz, die du unseren Leserinnen und Lesern weitergeben kannst?
Gerne! Als Erstes muss das Racket auf die Spielweise und den Spieler passen. Weil sich die Graphitfasern verziehen, verliert das Racket nach einigen Jahren an Spieleigenschaften (Power/Kontrolle/ Präzision). Bei einem Racket, das viel bespannt wird, geschieht das schneller. Ein Tennisprofi verbraucht daher rund 50 Rackets pro Jahr. Auch ein Hobbyspieler sollte darum sein Racket nach 5 bis 7 Jahren auswechseln. Dann ist die Griffgrösse extrem wichtig und sollte nicht zu gross sein (Nadal Griff 2/Federer Griff 3/Wawrinka Griff 3/Thiem Griff 2). Ein grosser Teil der Top-50-Spieler spielt Hybridbespannung. Das ist eine Kombination aus Naturdarm- und Kunstsaiten. Diese Bespannung ist meiner Meinung nach auch für den Hobbyspieler ideal. Sie bietet eine perfekte Mischung aus Spielgefühl, Power, Kontrolle und Armschonung.
Die Bespannung wird stetig weicher – auch wenn man nicht spielt. Darum sollte das Racket mindestens zweimal im Jahr neu bespannt werden.
Welche Bespannung empfiehlst du?
Kinder: weiche elastische Saiten, anfangs tiefes Gewicht von 19 bis 23 kg bei 25- bis 26-Inch-Rackets.
Hobbyspieler (ca. R9 bis R6): Eine Hybridbespannung, nicht zu hart bespannen (22 bis 26 kg).
Turnierspieler (R5 bis R1): Jetzt wird es individueller, grundsätzlich härtere Saiten (wegen des Verschleisses), nicht zu hart bespannen.
Vielen Dank, Chrigi, für diese Informationen und weiterhin viel Spass beim Bespannen.